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Jahresbericht des Präsidenten 2015

Sehr geehrte Damen und Herren

Mit der Erschiessung eines zwar wohl nicht ganz harmlosen, jedoch völlig wehrlosen Palästinensers durch einen jungen
israelischen Soldaten hat die Gewalt in Israel einen kritischen Punkt überschritten. Selbst rechtsgerichtete Politiker haben sich
von dieser Tat – und von der Solidarität des Premierministers mit dem Täter – distanziert.

Was lernen wir daraus?
Einerseits, dass die Gewalt zwischen jüdischen Israeli und Palästinensern unvermindert und ungebremst andauert, andererseits, dass es doch gewisse Grenzen zu geben scheint, die selbst alte, gestandene Hardliner nicht mehr zu überschreiten bereit sind.

In diesem Spannungsfeld, vor diesem Hintergrund, funktioniert seit vielen Jahren unser Friedensdorf Neve Shalom Wahat al-Salam. Heute, nachdem das Dorf gebaut, die Infrastruktur erstellt ist, stehen die Institutionen der Amutah, dem ‚Educational Comittee’ des Dorfes im Zentrum. Allen voran die Primarschule, von der wir heute schon einiges erfahren durften.
Aber auch die Friedensschule, die mit ihren Projekten Zustimmung und Unterstützung im In- und Ausland findet. Nicht zu vergessen das NADI – das sogenannte ‚Young Leadership- Program’. Dieses hat eine hohe Bedeutung, besonders für jene Jugendlichen, die nach Beendigung der sechs Schuljahre im Dorf in andere, weiterführende Schulen entlassen werden. 2800 km nördlich davon entfernt sitzen wir, die Schweizer Freundinnen und Freunde von Neve Shalom Wahat al-Salam. Sie, die Mitglieder und Freunde, und wir hier vom Vorstand. Wir versuchen, einerseits die Menschen hier zu überzeugen, dass es neben dem vielen Elend auf dieser Welt noch immer eine grosse, ungelöste Krise in Israel gibt, an deren Lösung mitzuarbeiten wir uns auf die Fahne geschrieben haben. Wir tun dies, indem wir über die Aktivitäten in Neve Shalom Wahat al- Salam berichten und in dem wir Geld sammeln, um die Arbeit der Amutah, also den erzieherischen Instanzen im Dorf dort, finanziell etwas abzustützen.

Das Dorf Neve Shalom Wahat al-Salam gibt es seit 1972, die Schweizer Freunde seit dem 21. August 1983. Damit haben wir etwas gemeinsam: Wir sind alle älter geworden! Der Generationenwechsel steht an oder ist bereits mitten im Vollzug! Die Pionierfamilien in Israel haben inzwischen erwachsene Kinder und das Dorf ist dabei, sich räumlich auszudehnen, um neuen Familien Platz zu machen. Ganz so offensichtlich zeigt sich der Prozess bei den Schweizer Freunden nicht: Wir müssen einfach konstatieren, dass unsere Freunde und Mitglieder älter werden und dass eine grössere Zahl davon leider auch wegstirbt. Im Gegensatz zu Israel wächst unser Nachwuchs nicht einfach nach – nein, hier hapert es! Es fehlt uns an jungen Sympathisanten und Mitstreitern.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Vorstand neu organisiert.
Anlässlich einer Klausurtagung im September 2015 in Montezillon oberhalb des Neuenburgersees hat er sich neue Ziele gesetzt. Einerseits wollen wir vermehrt an der inhaltlichen Diskussion teilnehmen. Wir wollen diese auch hier, quasi in der Diaspora führen. Doch dazu brauchen wir auch die entsprechenden Gesprächspartner. Diese zu finden, haben wir uns zur Aufgabe gemacht. So möchten wir, dass auch in der Schweiz lebende Palästinenser in unserem Vorstand mitarbeiten. Damit möchten wir die palästinensische Stimme in unsere Gruppe integrieren. Dies erlaubt uns, die Auseinandersetzungen - ein Stück weit zumindest, auch hier zu leben und auszutragen. Und vor allem: besser zu verstehen. Wir sind im Kontakt mit Menschen, die möglicherweise bereit wären, hier mitzumachen.

Um unserem Verein etwas Gewicht zu geben, haben wir vor einiger Zeit das Patronatskomitee gegründet. Im letzten Jahr ist es uns gelungen, Herr Dr. Ralph Lewin, alt-Regierungsrat von Basel-Stadt, dafür zu gewinnen. Herr Lewin musste sich leider für heute entschuldigen, so dass er sich Ihnen nicht vorstellen kann. Natürlich wäre es schön, auch in diesem Komitee eine palästinensische Vertretung zu haben. Auch daran arbeiten wir.

Wir haben uns organisatorisch entschlackt. Die mit der Pensionierung von Frau Ada Winter frei gewordene Geschäftsstelle haben wir nach Biel-Benken verlegt. Dort werden nun das Präsidium und die Geschäftsstelle unter einem Dach geführt. Dies ermöglicht uns Synergien zu nutzen und auch etwas Kosten einzusparen.
Um unseren Freunden und Spendern auch etwas zu bieten, haben wir eine Reise nach Israel organisiert. Diese hätte im Oktober letzten Jahres stattfinden sollen. Wegen der damals gerade begonnenen Messerstechereien und anderen Gewalttätigkeiten mochte ein grosser Teil der Teilnehmenden nicht mitkommen. So haben wir die Reise auf März dieses Jahres verschoben und – schlussendlich trotz andauernder Gewalt – durchgeführt.
13 Mitglieder und Freunde haben die Reise mitgemacht und nachhaltige Eindrücke mit nach Hause genommen.
Es ist vorgesehen, solche Reisen auch in Zukunft durchzuführen.

Mit der eben enthüllten Lithographie von Samuel Buri wollen wir auch etwas von der Lebensfreude, die das Bild ausstrahlt, weitergeben. Es soll zeigen, dass das Leben auch in schwierigen Zeiten und unter schwierigen Bedingungen lebenswert sein kann!

Ich komme nicht umhin, noch ein paar Worte zu den Finanzen zu verlieren:
Erfreulicherweise konnte das Spendenaufkommen im abgelaufenen Jahr der aufgezeigten Entwicklung zum Trotze
in etwa gehalten werden. Wir erhielten insgesamt Fr. 227'500 an Spenden gegenüber Fr. 237'000 im Jahr zuvor. Die Differenz bestand aus einem einmaligen Legat über 8'500 Franken.
Wir haben im letzten Jahr insgesamt Fr. 203'800 nach Israel überwiesen.
Nämlich
Fr. 100'000 für die Primarschule
Fr. 40'000 an einen neuen Schulbus
Fr. 60'000 für die Friedensschule
Fr. 3'800 für das Spezialprojekt ‚Jerusalem Mosaik’.

Es ist mir wichtig, Ihnen gegenüber zu versichern, dass wir von unseren Freunden in Israel genau informiert sind, wofür Geld benötigt und eingesetzt wird. Als Vorstandsmitglieder fühlen wir uns in dieser Sache Ihnen, den Spendern verpflichtet.
Wir werden im angelaufenen Jahr wieder mindestens Fr. 200'000 überweisen können.

Dieses Jahr haben wir ‚Mixed Citites’ zu unserem Jahresprojekt gemacht. In der Friedensschule werden ‚Change Agents’ – oder nennen wir sie Brückenbauer aus dem öffentlichen Leben - in sogenannten ‚gemischten Städten’, Orte, in denen Juden und Palästinenser zusammenleben müssen (im Gegensatz zu Neve Shalom Wahat al-Salam, wo sie zusammenleben wollen) ausgebildet. Es sind dies Anwälte, Politiker, Ärzte und weitere Frauen und Männer, die an Schnittstellen sitzen, wo sich Juden, Palästinenser und andere Menschen begegnen. Hier wird die täglich nötige Kleinarbeit in der Kommunikation geübt, hier werden die kleinen Schritte geprobt, die vielleicht – oder hoffentlich - einmal in etwas Grossem münden. Unterstützen Sie dieses von der Europäischen Union mitfinanzierte Projekt!

Zum Schluss vielleicht noch einige Informationen:
- Wir haben eine Solidaritätserklärung von Givat Haviva zugunsten von ‚Breaking the Silence’ mitunterzeichnet
- Am Gymnasium in Biel haben zwei Maturandinnen ihre Projektarbeit Neve Shalom Wahat al-Salam gewidment, was zu bereichernden    Begegnungen geführt hat
- Im Dezember haben wir an der Abschlusstagung der Friedenswoche in St. Gallen teilgenommen
- Im Mai dieses Jahres haben drei Mitglieder des Vorstandes am AGM, dem ‚Annual General Meeting’ in Neve Shalom Wahat Al-Salam teilgenommen. 22 Teilnehmer aus neun Ländern waren anwesend. Wir konnten uns von der hohen Qualität der Arbeit, die im Dorf geleistet wird, überzeugen.

- in diesem Jahr werden wir am Bodenseekirchentag in Kreuzlingen und Konstanz vom 24. bis 26. Juni teilnehmen, am Markt der Möglichkeiten am 25. Juni von 10 bis 17 Uhr mit einem Stand und einem Vortrag mit Evi Guggenheim um 17 Uhr, am 26. Juni mit einem Gottesdienst unter Mitwirkung von Evi Guggenheim (es liegen einige Flugblätter dazu auf).

- Am 28. Juni gibt Evi am Abend einen Vortrag in der reformierten Kirchgemeinde von Affoltern am Albis

- Am Eidg. Bettag wird Evi einen sogenannten Ateliergottesdienst in der Kirchgemeinde Zürich-Seebach zum Thema ‚Besinnungswege’ mitgestalten

- Im Advent planen wir die Durchführung eines Konzertes mit dem Mechaje Ensemble, Sie werden im Dezember Nachrichtenbrief mehr Informationen dazu finden.

So bleibt mir zu danken:
Ihnen, für Ihr Interesse, Ihre Treue und Ihre Sympathie, aber auch ganz herzlich den Mitgliedern des Vorstandes, dies sind Monique Eckmann, Margaretha Gutknecht und Sabine Dreyfus, auch dem Neumitglied Yvonne Christoph-Wyler, die sich schon vor ihrer Wahl kräftig ins Zeug gelegt hat. Nicht zu vergessen Brigitta Rotach, die aus Kapazitätsgründen ein ‚Time-Out’ aus dem Vorstand nehmen musste, uns aber ungeachtet dessen gerade bei der Vorbereitung dieses Anlasses sehr geholfen hat.

Ich freue mich auf die weitere Arbeit mit Ihnen allen und wünsche mir, dass wir alle zusammen damit auch weiterhin ein wenig Spass an der Sache haben werden, was einem guten Gelingen durchaus zuträglich sein dürfte!

Haus der Religonen, Bern, 29. Mai 2016

Jahresrechnung 2014-2015
Jahresbericht 2015 als PDF
Revisionsbericht 2015 als PDF


 
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