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Jahresversammlung 2018 im Kloster Dornach -
Jahresbericht 2017 des Präsidenten

 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

Wir alle sind noch immer konsterniert über die Ereignisse, die wir rund um die 70-Jahresfeier des Staates Israel zur Kenntnis nehmen mussten:

- die blutigen Demonstrationen an der Grenze zu Gaza mit viel zu vielen Toten und Verletzten
- Daneben die überschäumenden Feierlichkeiten des offiziellen Israels zu diesem ‘runden’ Geburtstag ihres Landes
- fast unbeachtet von der Weltöffentlichkeit die vielen Palästinenser, die in Israel oder in Westjordanien leben und schmerzvoll der Nakba, der Katastrophe ihrer Vertreibung aus ihren Dörfern, ihrem Land gedenken
- Nicht zu vergessen die Verlegung der US Botschaft nach Jerusalem, die der bisherigen Politik des Respektes ein jähes Ende bereitet und Hoffnungen zestört hat
- dazu: zunehmender Antisemitismus weltweit – möglicherweise eine Reaktion auf die offizielle Politik Israels, sicher aber auch Ausdruck des wachsenden Rechtspopulismus, den wir vielerorts zur Kenntnis nehmen müssen.

Und mittendrin wir, die Freundinnen und Freunde von Neve Shalom Wahat al-Salam, hier in der noch friedlichen Schweiz. Wir unterstützen die sogenannte ‘Oase des Friedens’ – eine anspruchsvolle Beschreibung für ein Dorf zwischen Tel Aviv und Jerusalem, in dem seit über vierzig Jahren Juden und Palästinenser aus eigenem Antrieb zusammenleben und in dem in dieser Zeit tatsächlich beachtenswerte Arbeit zur Förderung der Kommunikation und des Zusammenlebens zwischen Juden und Palästinensern geleistet wird.
Eine Gruppe von Mitgliedern und Freunden hat Ende April erneut eine Reise nach Israel und Palästina unternommen. Sie werden sich in der Pause ein paar Bilder davon anschauen können. Wir Reisenden haben uns in die Höhlen des Löwen gewagt, haben uns ein Bild über das Leben in Israel wie auch in den besetzten Gebieten, im Negev und im Norden des Landes machen können. Natürlich haben wir auch ‘unser’ Dorf besucht, haben uns dort die Arbeit der Primarschule und der Friedensschule angesehen und wir hatten Gelegenheit, einige Dorfbewohner zu treffen und dabei über das Leben einzelner im Dorf zu lernen.

Unsere Spenden, die wir über das Jahr erhalten, gehen ausnahmslos an diese erzieherischen Institutionen, da sind, neben der Primar- und Friedensschule noch das Nadi, der Jugendclub und der ‘Spiritual Center’. So möchte ich kurz die wichtigsten Informationen über die von uns unterstützten Institutionen aus dem Jahr 2017 zusammenfassen:

Insgesamt gab es Ausgaben von 1,867 Mio. US Dollars – oder CHF. US $ 850'000 gab es an internationalen Spenden, wovon $ 230'000 von den Schweizer Freunden. Wir haben also 27 Prozent des gesamten Spendenaufkommens geleistet.

Die Primarschule unterrichtete 254 Schüler (ein Plus von 50 % gegenüber 2014), beschäftigte 24 Lehrkräfte und hatte ein Totalbudget von US$ 988 Tausend. Die Schule wird sowohl vom Staat als auch von den Eltern mitfinanziert. Unser Beitrag an die Primarschule betrug CHF 115'000. Verschiedene Verbesserungen in der Infrastruktur konnten vorgenommen werden: Die Bibliothek und der Computerraum wurden renoviert und total neu ausgestattet. Dies mit einer Spende aus England. Amerikanische Freunde ermöglichten den Ausbau von Musikzimmern. Das Photo-Labor konnte nach einjähriger Schliessung wiedereröffnet werden. Der Kleinstkindergarten (4 Monate bis 3 Jahre) konnte wiedereröffnet werden. Ein Erfolg war sicher die Anerkennung des Lehrplanes durch das Erziehungsministerium. Auch erhielt die Schule von derselben Institution einen Preis für Fortschritte und die erzielten Resultate.

Die Friedensschule hat verschiedene ‘Change Agents’ Programme durchgeführt. Diese werden vermehrt und ganz gezielt ausgesuchten Berufsgruppen angeboten. Dazu gehören: Umweltaktivisten, Führungspersönlichkeiten aus ‘Mixed Cities’, also für Menschen an Schlüsselstellen in gemischten Städten, Landschaftsarchitekten, Städteplaner und Architekten, Psychologen Psychiater und Jungpolitiker. Die Friedensschule hat von USAID die Finanzierung des Trainingsprogramms ”Building Peace and Resilience” für 120 israelische und palästinensische Fachkräfte für psychisch kranke Menschen erhalten. Das Projekt dauert drei Jahre und wird mit einer Million US Dollars unterstützt.

Die Friedensschule führt weiter dreitägige Begegnungskurse für israelische und palästinensische Oberschulabsolventen durch. Diese Kurse sollen helfen, das Weltbild der Jugendlichen zu verändern und das Bewusstsein, in einer gemischten Gesellschaft zu leben, zu schärfen. Auch gibt die Friedensschule Kurs an Universitäten. Weitere Ausführungen zu den Aktivitäten der Friedensschule wie auch der Primarschule finden Sie im ‘Annual Report 2017’, der hier aufgelegt wird. Übrigens haben die Schweizer Freunde der Friedensschule total Fr. 80'000 gespendet.

Der ‘Spiritual Center’ wurde vollkommen neu organisiert. Ein neuer Leiter und ein Programmteam wurden bestellt und neue Aktivitäten wurden aufgenommen. Es werden kulturelle Veranstaltungen für Juden und Palästinenser angeboten, die auch Interessenten ausserhalb des Dorfes zugänglich gemacht werden. Und im Gebäude der Bibliothek wurde eine Kunstgalerie eröffnet. Schliesslich wurde der ‘Rescuers Garden’ eröffnet, er ehrt Persönlichkeiten, die ihr Leben zu Zeiten von Genozid und Krieg für andere riskiert haben. Als berühmtestes Beispiel darf man Charles Aznavour bezeichnen, der im Oktober im Dorf zu Gast war. Seine armenische Familie soll im zweiten Weltkrieg in Frankreich Juden Zuflucht geboten haben. Unser Beitrag an den Spiritual Center lag im letzten Jahr bei Fr. 5'000.--.

Am 10. Juni 2017 fand in Neve Shalom Wahat al-Salam ein Tag zum Thema ‘End of the Occupation’ statt. Aus dem ganzen Land strömten Menschen ins Dorf, nahmen an Workshops, Friedensmärschen und Konzerten teil. Der Anlass stand unter dem Motto ’50 Out! ’. Wir Schweizer Freunde haben Fr. 10'000 an die Kosten beigesteuert.

Zum Dorf selbst darf noch gemeldet werden, dass die Öffnung und Erweiterung planmässig läuft. Schon sind inzwischen verschiedene neue Familien eingezogen. Sie integrieren sich gut, und sie engagieren sich auch in den Institutionen. Diese Blutauffrischung wird dem Dorf sicherlich gut tun.

Abschliessend dazu noch die erfreuliche Meldung, dass die Schweizerische Botschaft ihre diesjährige Erst-August-Feier für Schweizer in Israel und für geladene Gäste in Neve Shalom Wahat-al Salam durchführen wird.

Sie haben sich bestimmt schon die Frage gestellt, ob sich die ganze Arbeit der Institutionen in unserem Dorf vor dem gegenwärtigen politischen Hintergrund überhaupt noch lohne. Dazu meine klare Meinung: Seit Bestehen haben etwa 70'000 Menschen Kurse der Friedensschule besucht, und in der Primarschule haben wir zurzeit etwa 250 Kinder. Jedes Jahr kommen neue dazu, jedes Jahr verlassen Kinder die Schule und gehen mit ihrer Erfahrung in die Gesellschaft zurück. Hier wird wertvolle und wichtige Basisarbeit geleistet, hier lernen Menschen, sich mit andersdenkenden zu verständigen. Hier werden Brücken gebaut. Dies wird sich in der Gesellschaft mit Sicherheit niederschlagen. Auch wenn dies von aussen nicht gleich sichtbar ist und wenn dies von der offiziellen Politik ignoriert wird.

Nun aber zu uns, den Schweizer Freundinnen und Freunden: Wir versuchen, mit neuen Aktivitäten Aufmerksamkeit zu erregen. Dazu gehören unsere Reisen, eine neue Gesamtdokumentation, Informationsveranstaltungen mit Evi oder mit Referenten der zweiten Generation, unsere Benefizkonzerte, unsere neu gestalteten Newsletter und so weiter. Auch unsere Bemühungen bei Kirchgemeinden und Stiftungen laufen weiter. Doch wir brauchen neue Freundinnen und Freunde, die unser Anliegen mittragen. Da sind auch Sie gefordert. Ich freue mich auf jeden Hinweis, auf jede neue Adresse, die wir erhalten.

Im letzten Jahr, also 2017, haben wir insgesamt CHF 360’000 an Spenden erhalten. Das sind gut Fr. 110'000 mehr als im Vorjahr. Der Grund ist eine einmalige Spende von Fr. 100'000.—. Ohne diese läge der Spendeneingang nur leicht über dem Vorjahresniveau.

Wir, die Schweizer Freundinnen und Freunde wollen uns auch inhaltlich engagieren. So konnten wir mit der Pädagogischen Fachhochschule in Luzern eine Zusammenarbeit zwischen dieser Institution und unseren Freunden in Israel vertraglich vereinbaren. Es geht um den Austausch von Erfahrungen auf beiden Seiten (auch die Schweizer Schulen haben Kommunikationsprobleme!) und um Weiterbildung. Weiter liegt uns daran, den polarisierenden Diskurs hier in der Schweiz zu versachlichen und den Dialog sowie das Verständnis für beide Seiten zu fördern.

Zum Schluss habe ich leider noch eine ganz traurige Nachricht zu übermitteln: Unser Gründer und Freund Peter Dreyfus ist am 16. Mai vierundachzigjährig gestorben.

Am 21. August 1983 fand auf Initiative von Peter Dreyfus und seinem Cousin Roger Dreyfus die Gründungsversammlung unseres Vereins statt.

Bis im Jahr 2012 arbeitete Peter in unserem Verein als Präsident und in anderen Funktionen im Vorstand mit. Er baute die Schweizer Freunde mit viel Umsicht auf. Sein grosses Netzwerk wusste er im Interesse unseres Projektes geschickt zu nutzen. So hat er ideell und finanziell massgeblich zum Aufbau und zur Entwicklung von Neve Shalom Wahat-al Salam und seinen Institutionen beigetragen. Peter’s Wesen war geprägt von Toleranz und Respekt für den Nächsten. Gleichberechtigung – egal wie oder wo - war für ihn nicht verhandelbar. Er war einfach ein einzigartiger, grossartiger Mensch und Freund.

Bitte erheben Sie sich zu Ehren von Peter.
Die Abdankungsfeier findet am 9. Juni um 14 Uhr in der Leonhardskirche in Basel statt. Sie sind alle eingeladen teilzunehmen.

Ich danke Ihnen dafür, und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Gabriel Oser Kloster Dornach, 27. Mai 2018

Jahresbericht 2017 als PDF
Bilanz-Erfolgsrechnung 2017 als PDF
Revisionsbericht

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Präsident Gabriel Oser

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Vizepräsidentin Sabine Dreyfus Studer

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